Bis 2019 hatten es Angestellte oft schwer, wenn sie von zuhause oder mobil arbeiten wollten – für viele Unternehmen war das undenkbar. Homeoffice und flexible Arbeitsmodelle kannte man bis dato vor allem aus Start-ups oder Tech-Unternehmen aus den USA.
Doch Corona hat gezeigt, dass es auch anders geht. Mobiles Arbeiten verlor auf einen Schlag alle Makel – und zeitgleich schwanden die Bedenken.
Versicherungen im Homeoffice gefragt
Im März 2020 ging es von der Präsenzkultur in kürzester Zeit ins Homeoffice. Remote Work und „Bring your own device“ (BYOD) hat sich seither flächendeckend durchgesetzt und ist nicht mehr aus dem Arbeitsalltag wegzudenken.
Zu Beginn der Pandemie musste es zunächst aber vor allem schnell gehen. Angestellte waren selbst verantwortlich für IT-Geräte, Zugänge zu Programmen und Servern, Ausstattung und Einrichtung. Das funktionierte gut. IT-Sicherheitsaspekte gerieten erst einmal ins Abseits. Und bei den meisten Unternehmen sind sie dort heute noch.
Homeoffice, Corona und IT-Sicherheit
Laut einer aktuellen Bitkom-Studie hatten 59 Prozent der Unternehmen, die mobiles Arbeiten ermöglichen, seit Beginn der Pandemie mindestens einen IT-Sicherheitsvorfall.
Für Vermittler bietet die neue Homeoffice-Kultur verschiedene Beratungsansätze bei Gewerbekunden: Sind Bring-your-own-device-Geräte in der Cyberversicherung der Unternehmen enthalten? Dazu Matthias Termer, Consultant Sales Management bei Thinksurance: „Die Handhabungen der Versicherer sind unterschiedlich, doch ein Blick in die Bedingungen reicht aus, um die Unternehmen auf diese mögliche Gefahrenerhöhung und auf die Einhaltung der Obliegenheiten ansprechen zu können.“
Viele Risikoträger sind aber mittlerweile dazu übergegangen explizit in die Bedingungen zu schreiben, dass BYOD-Geräte mitversichert sind.
Welche Themen Vermittler platzieren können
Die Möglichkeiten für Vermittler gehen aber gerade beim Thema Cyber weit über das Prüfen der Verträge und die Einbeziehung von Gefahrenerhöhungen hinaus.
Das Thema lässt sich ausgezeichnet nutzen, um die eigene Beratungsqualität darzustellen, sich als Schadensverhinderer zu profilieren und gemeinsam mit den Kunden konkrete Fragen in den Fokus zu rücken, die „im laufenden Betrieb“ gerne einmal nach hinten geschoben:
- Wie sieht es mit dem Einsatz von Firewalls, VPN-Tunneln und Cloud-Lösungen aus?
- Sind die Mitarbeitenden auf die Cyber-Gefahrenlage sensibilisiert?
- Wo speichern sie bestimmte Daten ab (Stichwort: „Datensicherheit”)?
- Gibt es ein Abstufungsmanagement für Zugriffsberechtigungen?
- Reduziert der Versicherer den Selbstbehalt, wenn eine bestimmte Anzahl von Mitarbeitenden an entsprechenden Schulungen teilnimmt?
- Wie sieht ein aktives Passwortmanagement im Unternehmen aus?
- Gibt es Zuständige für das Patchmanagement und die regelmäßigen Datensicherungen?
- Sind offene Netzwerke für die beruflichen Tätigkeiten erlaubt? Welche Gefahren birgt dies?
- Kommen externe Dienstleister wie Cysmo zur Cyberrisikobewertung zum Einsatz?
Das Thema Cyber bietet also große Chancen – gerade, da es auch im aktuellen Allianz Risk Barometer an Platz 1 der wahrgenommen Gefahren für Unternehmen aufgeführt ist.
Versicherungen im Homeoffice: Die Perspektive wechseln
Zuweilen empfinden Unternehmen gerade im Cyberschutz die Anforderungen der Versicherer als lästige, aufgezwungene Maßnahmen, die es zu erfüllen gilt.
Im Beratungsgespräch empfiehlt sich deshalb, die Perspektive zu wechseln und aktuelle Beispiele aus der Cyber-Angriffswelt zur Verdeutlichung hinzuzuziehen (aus der aktuellen Tagespresse, via Google-Alerts „Cyberangriff” und „Cyberattacke” sowie beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik).
Wer möchte schon alle seine Kundinnen und Kunden über einen Cyber-Angriff informieren müssen, wenn die Computersysteme nicht funktionieren, sich keine E-Mails schreiben lassen, wenn niemand arbeiten kann, die Produktion stillsteht und sich weder Arbeitszeiten erfassen noch Gehälter zahlen lassen?
Mehr als nur Cyberschutz und IT-Sicherheit
Doch mobiles Arbeiten geht weit über Cyber hinaus. Auch andere Sicherheitsaspekte und Fragen spielen wichtige Rollen:
- Wie sieht die technische Lösung im Homeoffice aus?
- Welche Mehrfachverteiler sind im Einsatz (CE-zertifiziert)?
- Wie ist ein vom Unternehmen überlassener Laptop versichert?
- Greift die private Hausratversicherung bei den Mitarbeitenden? Wie weit ist diese bereits beansprucht?
- Wie weit reicht die Außenversicherung für ein Unternehmen?
- Was bedeutet die Netzwerksicherheitsverletzung für die Gewerbeunternehmen?
- Welche Leistungen bietet die Betriebliche Gruppenunfallversicherung (PAUKE)?
- Wie sieht die aktuelle Rechtsprechung zur gesetzlichen Unfallversicherung aus (Stichwort: „Kaffee aus der Küche holen“)?
Mobiles Arbeiten
Als Ausbaustufe in der Beratung können Vermittler auch das mobile Arbeiten unter die Lupe nehmen und mit den Bedingungen des vorhandenen Versicherungsschutzes abgleichen. Hierbei geht es über das Arbeiten im Homeoffice hinaus:
- Wie viele Mitarbeitende arbeiten regelmäßig oder gelegentlich vom Ausland aus?
- Gibt es hierzu gesonderte Obliegenheiten zu beachten?
- Welche Auswirkungen hat dies für die Krankenversicherung der Angestellten?
- Ab wann greift die Regelung für die Telearbeit?
- Ab einer gewissen Größe des Betriebs lohnt sich auch die Nachfrage, ob es Betriebsvereinbarungen und/oder spezielle Regeln im Arbeitsvertrag zum mobilen Arbeiten gibt.
Vom Regulierer zum Verhinderer
Das Image von Versicherer und Vermittlern hat sich wie die Arbeitswelt auch gewandelt. Bis 2010 haben sich die Risikoträger eher als reiner Schadensversicherer gesehen. Sie kamen ins Spiel, wenn es negative Schadenserfahrungen gab. Dies hat sich geändert.
Mittlerweile sehen sich viele auch als Schadensverhinderer, in dem sie durch Service- und Assistance-Leistungen sowie durch klare Vorgaben für die Policen versuchen, die Schäden von vornherein zu verhindern.
Da sich aktuell die Rechtsprechung in Bezug auf mobiles Arbeiten ändert, ergeben sich für Vermittler immer wieder neue Beratungsansätze, mit denen sie aktiv Gewerbekunden ansprechen können.
Fazit: Versicherungen im Homeoffice
Wer sich an die Komödie „Spaceballs” erinnert, weiß, dass das Passwort für den Schutzschild eines ganzen Planeten nicht „1 2 3 4 5” lauten sollte, da die meisten Aktenkoffer eine ähnliche Kombination haben.
Was Regisseur und Hauptdarsteller Mel Brooks im Jahre 1987 noch mit einem Augenzwinkern verpackt, sollte heute längst dem gesunden Menschenverstand entsprechen. Die Versicherer fordern keine unüblichen oder weltfremden Kriterien ein, sie tun dies zum Schutz, bevor der Schadensfall eintritt. Daneben lohnt es sich für die Vermittler, die aktuellen Rechtsprechungen zu verfolgen und in den Beratungsgesprächen entsprechend umzusetzen.
Der Trend zum mobilen Arbeiten lässt sich in vielerlei Hinsicht in der Beratung für Zusatzempfehlungen oder Änderungen und Ergänzungen nutzen.
Hierbei darf es gerne auch hypothetisch werden: „Wenn es keine Versicherung gäbe, würdest du, lieber Kunde, dann auch auf Passwortänderungen, Patchmanagement, Notfallpläne, Zugriffsrechte und Mitarbeitersensibilisierungen verzichten …?” Die Antwort ist dann meist schnell gefunden.